Liebe Uschi, für die Einladung habe vielen Dank, denn für das Jubiläum hab ich, gottseidank,
mir selbstverständlich auch was überlegt, das hoffentlich die eine oder auch den anderen bewegt.
Deshalb versuche ich mit meinen Worten, eine kleine Provokation hier zu verorten.
Denn es weiß ja schließlich jedes Kind, wie auch alle, die zahlreich hier erschienen sind,
wenn das Herz mal aus dem Rhythmus geht, nicht immer nur die Lieb dahinter steht.

Oft merkt man es an Kleinigkeiten, denn es lässt sich oftmals nicht vermeiden,
dass du scheinbar deiner Augen Neugier stillst, schaust in die Auslag, obwohl du gar nix kaufen willst.
Nach einigen Minuten hast du wieder Kraft, dass es das Herz bis zum nächsten Fenster schafft.
Langsam wird dir dann plötzlich doch bewusst, dass du vielleicht zum Doktor musst.

Der guckt dich an und weiß Bescheid, aus Erfahrung kennt er dieses Leid.
Deine Adern sind nun doch schon alt und das Herz versucht es mit Gewalt,
das Blut hindurchzupressen. Doch leider hast du früher stets vergessen,
dass der Körper viel Bewegung braucht, doch du hast lieber viel geraucht.
Und weil du bist mit dieser Last beladen, zier´n jetzt Gummistümpfe deine Waden.

Geht’s dem Ende zu, ist der Doktor ganz verrucht, hat ne aktive Kur für dich gesucht,
wo du dich immer musst bewegen, jeden Tag das kalte Wasser treten.
Doch nicht alle sind dort so gemein und du darfst auch mal ins warme rein.
Und als ich dort im Becken stand und hielt mich fest an seinem Rand,
hört ich ´ne Unterhaltung von drei Herrn, die durch das Wasser aufgwärmt werrn.
Der erste meint: „Das ist gar net schee, mir tun ja meine Knie so weh.
Aber es geht, wenn ich im warmen Wasser steh.“
Der Zweite sagt: „Mir tut das Kreuz so weh. Aber es geht, wenn ich im warmen Wasser steh.“
Darauf der Dritte ganz gelassen: „Ich hab ein Problem beim Wasserlassen.
Mir tut dann die Blase gar so weh. Aber es geht, wenn ich im warmen Wasser steh.“

Nun zu euch, ihr stolzen Träger einer Fitnessuhr, die da glauben, die braucht es nur,
um damit fit und schlank zu werden. Ne, ne, ne, ich muss euch jetzt mal erden.
Das Ding wurde schlicht erfunden, um im Alltag zu erkunden,
ob man genug an Schritten macht und das Herz dabei noch lacht.
Ist nämlich der Pulsschlag dann zu hoch, bleibt dir die Gelegenheit dann noch,
mehr zu tun, als nur auszuruh´n.

Mein Doktor meinte allen Ernstes doch, mein Choleriker Spiegel sei zu hoch.
Auch stimmt was mit den Triglyceriden nicht, und er war deshalb ganz erpicht,
die Tablettendosis rauf zu setzen, um den Mangel in mei´m Körper zu ersetzen.
Anstatt mir ins Gesicht zu sagen: „Hör´n Sie auf mit den Gelagen,
denn der Alkohol ist der üble Täter, denn das merken Sie erst später,
wenn das Kranzgefäß am Herzen, Ihnen bereitet wieder Schmerzen.“
Das traut er nicht, auch wenn er wollt, weil der Patient vielleicht dann schmollt
und dann zum ander´n Doktor rennt, der ihn noch nicht so kennt.

Ich red ja net, ich sag´s ja nur, dass manch´ guter Hinweise in der Kur,
von vielen missverstanden wird und er so im Leben weiter irrt.
Denn da hört man eben dort, Ballaststoff, das ist das Zauberwort,
um Gewicht und Werte abzusenken, um an ein besser´s Leben dann zu denken.
Man fühlt sich wohl, kann Treppen steigen und es wird sich alsbald zeigen,
wenn der Medizinball unterm Hemd, bei solchen Tätigkeiten nicht mehr hemmt.
Denn wenn das Hemd im Winde weht, es auch dem Herzen besser geht,
glaubt mir, ich weiß, von was ich red.

Ich hab´ auch festgestellt, wenn man so schaut, was mancher in sich rein so haut,
so isst kein Kranker hier im Raum, denn das schafft ja ein Gesunder kaum.

So, ich hör nun auf mit provozieren, will nur noch schnell ganz herzlich gratulieren,
zu eurem 35 jährigen Bestehen und hoff, dass wir uns wiedersehen,
in fünf Jahren dann geht´s froh und heiter, für alle hoffentlich so weiter.
Macht es gut und lasst mich hoffen, ihr denkt nur noch in Ballastungsstoffen.

von Otto Zimmermann anlässlich des 35. Jubiläums der Herzgruppe


Opa, musst du jetzt sterben?


Opa Herbert, 64 Jahre, immer gut gelaunt und was man ihm deutlich ansieht, genauso gut gebaut. Mit seinen 95 Kilo bei einer Höhe von 165 cm gilt er als nicht übertrieben schlank und im Sport war er mit der Abwehr desselben beschäftigt und es zählt nicht zu seinem Hobby, sich freiwillig zu bewegen. Selbst zum Bierholen schickt er seine Kathi in den Keller, weil ihm das zu anstrengend ist. Aber öffnen und leer trinken kann er sein Bier dann doch noch alleine. Derart vor sich hinlebend ereilt ihn ein Schuss vor den buchstäblich vorhandenen Bug in Form eines Kreislaufzusammenbruchs. Im Krankenhaus stellen sie dann nach umfangreichen Untersuchungen fest:
- Zu klein für sein Gewicht
- Zuviel Bauchfett engt die Fettleber ein
- Zuviel Zucker im Blut und vermutlich auch im Kaffee
- Cholerikerspiegel äh, Cholesterinspiegel hängt zu hoch
- Atriumkolchose, Arteriensporthose, also die Arterien sind halt dicht
- Luftvolumen der Lunge reicht nur für fünf Treppen ohne anzuhalten
- Die Gallensteine reichen fast aus für eine Hundehütte, zusammen mit dem Kalk aus den Adern
- Herz im Suff effizient, äh, Herzinsuffizienz
- Druck in den Gefäßen wie in einem Feuerwehrschlauch
Fazit: Eigentlich dürfte er gar nicht mehr am Leben sein.

Der Doktor macht erst ein sehr nachdenkliches Gesicht und dann folgende Vorgehensweise zum absoluten Minimum fürs Weiterleben:
- Drei Stents in den Herzkranzgefäßen
- Abnehmen um mindestens 25 Kilo in den nächsten 2 Jahren
- Blutdrucksenker
- Cholesterinsenker
- Essensumstellung, Fett und Salz arm, wenig Fleisch, viel Gemüse
- Null Alkohol, auch kein Bier

Opa Herbert hört sich alles geduldig an und mit einem „ja, ja!“ geht es erst mal zur Katheteruntersuchung und dem Setzen der drei Stents. Alles verläuft soweit gut und nach vier Tagen ist Opa wieder zu Hause. Doch, wie man es halt so kennt, die Vorsätze und Mahnungen des Doktors sind schnell vergessen und das alte Leben hält wieder Einzug. Alle eindringlichen Zureden seiner Frau schlägt er in den Wind, denn sie habe ja keine Ahnung und er wisse schon, was ihm gut tut.
Selbst sein Bruder, Onkel Emil, der selbst relativ schlank und fit ist, gibt ihm den wohlgemeinten Rat: „Du faule Sau, du solltest dich mehr bewegen, dann hast auch keine Probleme mehr mit deinem Herzen. Ich kann dich ja mal mitnehmen oder du machst bei der Herzgruppe mit.“ Aber das wird natürlich auch ignoriert.

Das Ganze geht etwa 8 Wochen gut. Und dann nach einem üppigen Schweinebraten mit drei Knödeln und einer Maß Bier meldet sein Körper: „Eben langt es!“ und stellt kurzfristig die Durchblutung wieder ein. Der herbeigerufene Notarzt kann Herbert gerade nochmal reanimieren. Beim Verladen in den Sanka kommt der 6 jährige Enkel Hannes an seine Trage, nimmt seine Hand und fragt ganz traurig und mitfühlend: „Opa, musst du jetzt sterben?“
Diese fünf Worte nimmt er mehr oder weniger im Unterbewusstsein wahr, doch sie lassen ihn nicht mehr los. Wieder geht es mit Blaulicht ins Klinikum und noch mal alles gut. Eine Woche später und um drei Stents reicher ist er wieder zu Hause. Diesmal legt er den Verhaltenszettel, den er vom Doktor bekommen hat seiner Frau vor. „Do stehts drauf, wos i mochn soll. Und desmol werds a gmacht, gell!“
Kathi meint nur: „Ich hab ders ja gleich gsagt, aber du wollst ja net hörn!“

Ab diesem Tag gibt es weder Alkohol noch Bier. Gemüse hat die Oberhand auf dem Teller gewonnen. Zucker und Salz werden gestrichen. Die verordneten Tabletten werden sorgfältig eingenommen. Sämtliche Treppen werden zu Fuß gestiegen, auch wenn es am Anfang schwerfällt. Und als er in der Reha ankommt, hat er schon drei Pfund und einen Zentimeter Umfang abgenommen.
Oma und Enkel kommen alle 2 bis 3 Tage zu Besuch und gehen viel spazieren mit dem immer fitter werdenden Opa. Seltsamerweise muss der Opa gar nicht mehr so heftig schnaufen, wenn er ein paar Treppen steigen muss.

Nach 5 Wochen ist die Reha vorbei. Die Waage und die Schwestern sind zufrieden. Der Doktor läd zum Abschlussgespräch. „Also, Opa Herbert, ich bin ganz zufrieden mit Ihnen. Ihre Blutwerte und Belastungsfaktoren haben sich enorm gebessert. Wenn Sie so weitermachen, können wir bald einige der Tabletten absetzten oder zumindest reduzieren. Und Sie werden sehen, nach der noch anstehenden Kneipp Kur werden Sie sich jünger fühlen.“
„Machen`S kan Blödsinn, Herr Doktor,“ antwortet Opa Herbert, „Sie wissen doch, ich trink nix mehr.“
„Haha, nein, Opa Herbert,“ meint der Doktor mit einem Schmunzeln, „so war das nicht gedacht. Ich meinte natürlich die Wasserkur, die macht Sie um 10 Jahre jünger.“
„Das geht aber auch nicht, Herr Doktor,“ antwortet der Opa, „dann muss I ja nochmal 10 Jahre schaffen!“

Der Doktor muss lachen: „Haha, der war gut. Aber jetzt nochmal im Ernst, was hat Ihre Gesinnung nach dem zweiten Warnschuss derart geändert?“
Auf Herberts Gesicht legt sich ein nachdenklicher Ausdruck und etwas Gewässer tritt vor die Pupillen als er antwortet: „Ja wissen´S, Herr Doktor, seit mich die Rettung abgeholt hat, ging mir die Frage meines Enkels „Opa, musst du jetzt sterben?“ nicht mehr aus dem Sinn. Da hab ich erst gemerkt, was ich für aan Blödsinn gmacht hab. Und sterben wollte ich eigentlich noch nicht.“

Zuhause angekommen macht Herbert alles, was dazu führt, dass das Gewicht weniger und die Lebendfreude mehr wird. Er nimmt den Rat seines Bruders ernst und tritt in die Herzgruppe ein. Unter sachkundiger Leitung der dortigen Trainerinnen steigert er weiter seine Fitness.

Und Kathi ist nicht schlecht erschrocken, als er ihr mitteilt, dass ab jetzt mindestens einmal im Monat eine kleine Reise anstehen wird und sei es nur mal eine Städtetour; denn die letzte ist ja schon mehrere Jahre her, eben weil das Einzige, was bei ihm schnell ging, er wurde halt immer so schnell müde.

von Otto Zimmermann